Kryptowährungen Was für ein Bitcoin-Comeback spricht – und was dagegen
Der tiefe Fall des Bitcoins scheint vorerst beendet, die Kurse sind wieder stark gestiegen. Es gibt Gründe für eine Erholung der Kryptowährung – doch es spricht auch einiges dagegen.
Es ist ein Bild, das Anleger schon länger nicht mehr gesehen haben: Der Bitcoin-Kurs steigt wieder, und zwar deutlich. Die älteste und bekannteste Kryptowährung legte innerhalb der letzten sieben Tage rund 22,5 Prozent an Wert zu und notierte zuletzt bei 20.700 Dollar.
Das vergangene Jahr war für Krypto-Anleger äußerst verlustreich. 2022 brach der Bitcoin-Kurs um über 60 Prozent ein. Zinswende und zahlreiche Pleiten befeuerten den Ausverkauf am Kryptomarkt, der letztlich in der Insolvenz der Kryptobörse FTX gipfelte.
Die Entwicklungen der ersten Januarwochen stimmen Anleger nun positiv und wecken die Hoffnung, dass auf das vergangene Horrorjahr ein gutes folgt. Tatsächlich sprechen einige Faktoren für eine Erholung des Kurses:
1. Sinkende Inflationssorgen nähren Hoffnung auf Erholung
Die Bitcoin-Anhänger preisen die Kryptowährung gerne als Inflationsschutz. Weil das Angebot an Digitalmünzen endlich ist, müsste der Kurs steigen – sofern die Nachfrage entsprechend hoch bleibt. Das Jahr 2022 allerdings zeigte, dass der Bitcoin an seinen Ansprüchen scheitert. Je höher die Inflationsrate stieg, umso stärker sank der Bitcoin-Kurs.
Das ist vor allem auf die Zinswende zurückzuführen, die die Notenbanken vor gut einem Jahr ausgerufen hatten. Um die hohe Inflation zu bekämpfen, haben die Federal Reserve Bank (Fed) in den USA und die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen stark angehoben. Darunter leiden spekulative Assets wie Aktien oder auch Kryptowährungen.
Zwar sind die Inflationsraten noch immer auf hohem Niveau. Die USA vermeldeten jüngst eine Teuerungsrate von 6,5 Prozent im Dezember. Aber: Die Tendenz zeigt nach unten – und das stärkt die Hoffnung, dass die Fed ihren Straffungskurs beendet. Wenn die Geldpolitik nun weniger stark angezogen wird, profitiert auch der Bitcoin. Die Kurszuwächse der vergangenen Woche fußten vor allem auf dem nachlassenden geldpolitischen Druck.
Mit dem Beginn des neuen Jahres stieg der Bitcoin wieder über 18.000 Dollar. Die Marke ist für die Kryptowährung psychologisch wichtig, sie gilt als Unterstützung. Nun liegt der Bitcoin unter der Marke von 21.000 Dollar, wo sich der nächste Widerstand bildet. Sollte nicht erneut eine Hiobsbotschaft die Kryptowelt erschüttern, dürfte sich der Bitcoin-Kurs zumindest vorerst auf diesem Niveau einpendeln.
Wer vom Bitcoin und der dahinter stehenden Blockchain-Technologie überzeugt ist, lässt sich sowieso nicht von kurzfristigen Entwicklungen beunruhigen. Langfristig spricht ein besonderes Ereignis dafür, dass der Kurs der Kryptowährung weiter steigt: das sogenannte Halving.
Bitcoin entsteht durch das sogenannte „Mining“. Die Miner – auch Schürfer genannt – stellen Rechenleistung zur Verfügung und werden dafür mit Bitcoin entlohnt. Diese Belohnung halbiert sich an festgelegten Stichtagen. Nach jeweils 210.000 Blöcken in der Blockchain findet ein solches Halving statt – also etwa alle vier Jahre. Damit wird die Menge neuer Coins begrenzt. Durch diese stetige Angebotsreduktion, so die Hoffnung der Bitcoin-Anhänger, steigt der Preis bei entsprechender Nachfrage. Das nächste Halving findet 2024 statt.
Nun trieb der deflationäre Charakter des Bitcoin zuletzt nicht den Preis. Doch die noch junge Historie des Bitcoin zeigt, dass nach den vergangenen Halvings die Kurse mittelfristig gewaltig gestiegen waren. 2012, als das Angebot das erste Mal verknappt wurde, kletterte der Kurs binnen eines Jahres um astronomische 9500 Prozent, von 12,45 auf 1206 Dollar.
Nach einem langen Abschwung nahm er dann nach dem zweiten Halving 2016 innerhalb der gleichen Periode immerhin noch um über 300 Prozent zu, stieg von 647 auf 2614 Dollar. Nach dem bislang letzten Halving im Corona-Jahr 2020 stieg der Kurs von etwa 11.000 Dollar bis aufs bisherige Rekordhoch von 68.000 Dollar, ehe er wieder kollabierte. Klar, wie am Aktienmarkt gilt auch beim Bitcoin: Vergangenes Kurswachstum ist kein Garant für zukünftiges.
Was gegen ein Bitcoin-Comeback spricht
Mit kaum einer Anlageklasse haben Anleger 2022 so viel Geld verloren wie mit Kryptowährungen. Trotz der Erholungstendenzen der letzten Tage spricht auch einiges dafür, dass die goldenen Zeiten für Kryptowährungen erstmal vorbei sind. Die wichtigsten Gründe dafür sind:
1. Die Vertrauenskrise hält an
Seit dem Höchststand im November 2021 sind am Kryptomarkt Vermögenswerte in Höhe von zwei Billionen verlorengegangen. Das ist nicht nur der Zinswende geschuldet, sondern auch dem schwindenden Vertrauen der Anleger in die Branche. Das Jahr 2022 war geprägt von diversen Insolvenzen von Kryptoanbietern. Kunden der insolventen Kryptobörse FTX oder der Kryptobank Celsius zum Beispiel kämpfen nun darum, immerhin etwas von ihrem Geld wiederzubekommen. Weitere Pleiten könnten folgen.
Eingefleischte Bitcoin-Fans würden ihr Geld ohnehin nicht auf zentralen Handelsplattformen verwahren, sondern in eigenen Wallets – digitalen Geldbörsen – halten. Doch ein Gros der Anleger investiert über Kryptobörsen oder Neobroker, weil dies deutlich bequemer ist.
Zuletzt hielten sich Anleger zurück: Bei der weltgrößten Kryptobörse Binance kam es zu milliardenschweren Geldabflüssen, und auch bei Coinbase gibt es Probleme. Im dritten Quartal lagen die Transaktionserlöse bei der börsennotierten Kryptobörse 44 Prozent unter dem Vorjahresniveau (366 Millionen Dollar).
Zwar scheinen Anleger gerade wieder sorgloser zu werden, wie der „Fear-and-Greed-Index“ (zu Deutsch: Angst und Gier) der Analyseplattform Alternative zeigt. Je niedriger der Wert, umso ängstlicher sind die Investoren. Zuletzt lag der Index bei einem Wert von 31 und damit höher als kurz nach dem FTX-Crash im November (um die 20). Doch die Ereignisse der vergangenen Monate dürften viele Anleger noch nicht verdaut haben.
2. Sichere Assetklassen werfen wieder Zinsen ab
Wer Anfang 2022 in Bitcoin investiert war, büßte bis Jahresende über 60 Prozent an Wert ein. In Zeiten der Zinswende verlieren Kryptowährungen an Attraktivität, denn sie werfen keine laufenden Erträge ab. Seitdem die Notenbanken dies- und jenseits des Atlantiks die ultralockere Geldpolitik beendet hatten, sind die Renditen von Staatsanleihen deutlich nach oben geschossen.
Krypto-ABC: Die wichtigsten Begriffe verständlich erklärt
Der Fokus am Kryptomarkt liegt klar auf dem Bitcoin. Unter Altcoins versteht man Kryptowährungen, die nach der ältesten Digitalwährung erfunden wurden und eine Alternative zum Bitcoin darstellen. Beispiele dafür sind Ethereum, Cardano oder Solana.
Der Bitcoin ist nicht nur die dem Volumen nach größte, sondern auch die älteste Kryptowährung der Welt. Schon im Oktober 2008 skizzierte Satoshi Nakamoto, das Pseudonym des Bitcoin-Erfinders, in einem Whitepaper mit dem Titel „A Peer-to-Peer Electronic Cash System“, wie so eine virtuelle Währung aussehen könnte. Kurz darauf, im Januar 2009, wurden die ersten Bitcoin geschürft. Weil Nakamoto unter einem Pseudonym agierte, ist bis heute unklar, wer genau den Bitcoin ins Leben gerufen hat.
Transaktionen von Kryptowährungen werden auf der Blockchain dokumentiert. Die Blockchain ist eine öffentliche, dezentrale Datenbank. Die Informationen werden nicht auf einem einzelnen Server, sondern auf vielen tausenden Rechnern gespeichert. „Chain“ kommt aus dem Englischen und bedeutet „Kette“.
Jede Transaktion wird in einem Block gespeichert und an eine Kette der bereits vorhandenen Datensätze angehängt. Deshalb wird die Blockchain auch digitales Kassenbuch genannt. Die gespeicherten Daten können im Nachgang nicht mehr oder nur mit Zustimmung des Netzwerkes geändert werden. So soll ein fälschungssicheres Protokoll entstehen.
Ether ist hinter dem Bitcoin die zweitgrößte Kryptowährung und basiert auf der Ethereum-Blockchain. Im Vergleich zur Bitcoin-Blockchain gilt diese als moderner und leistungsfähiger und soll in Kürze auf das energiesparendere Proof-of-Stake-Verfahren umgestellt werden. Auch Smart Contracts können über Ethereum gehandelt werden. Beliebt ist die Kryptowährung auch, weil NFTs (non fungible Token) oft auf Ethereum basieren und deshalb mit Ether bezahlt werden.
Mining ist das Erzeugen (Schürfen) neuer Coins. Bei diesem Prozess stellen Miner im Fall des Bitcoin die Rechenleistung ihrer Computer zur Verfügung, um komplexe mathematische Aufgaben zu lösen. So werden Transaktionen verifiziert und auf der Blockchain gespeichert. Die Miner werden fürs Bereitstellen der Rechenleistung mit neu generierten Bitcoin belohnt.
Bei einigen anderen Kryptowährungen basiert das Mining dagegen nicht auf Rechenleistung, sondern auf den Anteilen der Netzwerk-Teilnehmer an der jeweiligen Kryptowährung (siehe Proof of Stake). In diesem Fall wird das Mining deshalb auch oft als Staking bezeichnet. Auch dafür bekommen Teilnehmer eine Prämie, also quasi eine Art Verzinsung für ihren Anteil.
Minten bezeichnet das Erstellen eines NFTs (non fungible Token). Mit dem „Prägen“ des Bildes ist in diesem Fall das Hochladen in die Blockchain gemeint.
Die Abkürzung NFT steht für non-fungible Token, also nicht austauschbare Wertmarken. NFTs sind virtuelle Güter, die über die Blockchain gehandelt werden. Oft sind es etwa digitale Bilder oder Sammelkarten. Jeder NFT ist einzigartig. Wer einen kauft, wird in der Blockchain als Eigentümer registriert und kann so beispielsweise ein Echtheitszertifikat für ein virtuelles Bild oder ein digitales Kunstwerk vorweisen.
Mit dem Proof-of-Work-Verfahren werden neue Münzen einiger Kryptowährungen wie dem Bitcoin geschaffen. Dafür stellen die Miner die Rechenleistung des Systems zur Verfügung, um komplexe Aufgaben zu lösen. Wer es zuerst schafft, die Aufgabe zu lösen, darf den Block an die Blockchain anhängen und erhält eine Belohnung in Form digitaler Münzen. Der Proof-of-Work-Ansatz gilt als besonders energieintensiv.
Einige Blockchains basieren auf dem Proof of Stake-Verfahren. Anders als bei Proof of Work werden dabei fürs Mining keine umfangreiche Hardware und große Mengen an Rechenleistung benötigt. Proof of Stake gilt daher als wesentlich energieschonender.
Statt dessen dürfen diejenigen Transaktionen und neue Coins freigeben, die einen besonders hohen Anteil an einer Kryptowährung halten. Sie werden dann Validatoren genannt. Der Prozess beruht auf einem Konsensmechanismus. Je höher der Preis, desto höher die Anzahl der Coins, um am Prozess teilzunehmen.
Smart Contracts sind virtuelle Verträge, die über die Blockchain getauscht werden. Diese treten unter bestimmten zuvor festgelegten Bedingungen selbstständig in Kraft. Insbesondere Banken und andere Finanzinstitute sehen in Smart Contracts einen großen Nutzen. Sie könnten zum Beispiel beim Börsenhandel Intermediäre – also zwischengeschaltete Stellen wie Wertpapierbroker– überflüssig machen.
Die Wallet ist eine Art digitale Geldbörse für Kryptowährungen. Sie ermöglicht es Nutzern, Kryptoguthaben zu kaufen und zu verschicken. Es gibt mehrere Arten von Wallets. Die Hardware-Wallet ist quasi ein USB-Stick, auf dem das Kryptovermögen und die Zugänge eines Nutzers gespeichert sind. Eine Paper-Wallet wird auf Papier ausgedruckt.
Dafür wird ein QR-Code generiert, den man einscannen muss, um Transaktionen zu tätigen. Eine Software-Wallet kommt ohne externe Geräte oder Papierausdrucke aus. Hier werden die Daten in einem Computerprogramm gespeichert. Nutzer dürfen ihre Zugangsdaten nicht vergessen: Sonst bliebe ihnen der Zugriff auf ihr Kryptovermögen verwehrt.
Dieses Krypto-ABC entstammt dem großen Krypto-1x1 der WirtschaftsWoche: Das vollständige Dossier finden Sie hier zum Download
US-Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit warfen zuletzt wieder 3,5 Prozent pro Jahr ab, für die zehnjährige Bundesanleihe gab es einen Zinskupon von immerhin 2,1 Prozent pro Jahr. Die Erträge sind nicht üppig, insbesondere im Vergleich zu den starken Wertzuwächsen von Kryptowährungen während der vergangenen Boomjahre. Doch sie sind sehr sicher. Die Wahrscheinlichkeit, dass Staaten wie die USA plötzlich bankrottgehen, ist schließlich niedriger als die, mit einer Kryptowährung Verluste einzufahren.
Etwas höhere Zinsen bei oft ebenfalls überschaubarem Risiko versprechen Unternehmensanleihen. In einer Welt, in der Anleger für Zinspapiere wieder Geld bekommen, werden es spekulative Anlagen wie Bitcoin schwerer haben.
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Author: Scott Stone
Last Updated: 1698482282
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