Russlands Krieg gegen die Ukraine zwang Deutschland zu einem Umdenken in der Energiepolitik. Einst Hauptlieferant für Erdgas, kommt heute kein russisches Gas mehr in die Bundesrepublik. Alternativen sind gefragt, um unsere Energieversorgung sicherzustellen und die Preise für Strom und Heizen im Rahmen zu halten. Hier kommen sogenannte LNG-Terminals ins Spiel. Wie das funktioniert, erklären wir im Artikel.
Was ist ein LNG-Terminal?
Sogenannte LNG-Terminals sind nötig, um Erdgas per Schiff anzuliefern, statt über Pipelines. Die Terminals sind Umschlagplätze an der Küste, an denen Erdgas-Tanker anlegen können.
Ein großer Vorteil gegenüber Pipelines: Deutschland kann Gas weltweit beziehen. Das reduziert die Abhängigkeit von Staaten, mit denen Verbindungen per Pipeline möglich sind.
Die Abkürzung LNG steht für den englischen Begriff Liquefied Natural Gas, wörtlich: verflüssigtes Erdgas. Meist spricht man aber von Flüssigerdgas oder Flüssiggas.
Flüssiges Erdgas lässt sich gut per Tanker transportieren. Am LNG-Terminal angekommen, wird es wieder in einen gasförmigen Zustand umgewandelt („regasifiziert“ oder „wiederverdampft“) und anschließend mit Pipelines im Landesinneren dahin transportiert, wo es benötigt wird.
Wo befinden sich oder entstehen LNG-Terminals in Deutschland?
In Deutschland gibt es bereits zwei LNG-Terminals, eines an der Nord- und eines an der Ostseeküste,die in Betrieb sind. Dort sollen auch weitere gebaut werden. Die Tabelle liefert eine Übersicht über den Zeitplan.
LNG-Terminals in Deutschland¹ (sortiert nach Inbetriebnahme)
Karte der LNG-Terminals in Deutschland
„Deutschlandtempo“: Wie konnten LNG-Terminals so schnell gebaut werden?
Deutschland ist nicht gerade bekannt für schnelle Genehmigungsprozesse, daher mag es erstaunen, dass die ersten LNG-Terminals so schnell in Betrieb gegangen sind. Was ist genau passiert?
Vor 2022 gab es kein einziges Flüssigerdgas-Terminal in Deutschland. Mehrere Standorte waren zwar im Gespräch, aber das Thema wurde kaum vorangetrieben. Stattdessen entschied sich die Bundesregierung, neben Nord Stream 1, das Projekt einer zweiten Pipeline mit Russland voranzutreiben, um mehr des vergleichsweise billigen Erdgases zu importieren.
Dass russisches Militär bereits 2014 die ukrainische Halbinsel Krim sowie Teile der Ostukraine besetzte, änderte kaum etwas an der Energiepolitik Deutschlands in Bezug auf Russland.
Erst als die russische Föderation im Februar 2022 eine großangelegte Invasion ihres Nachbarlandes versuchte – inklusive Angriff auf die Hauptstadt Kiew – änderte die Bundesregierung ihre Haltung: Noch im Februar kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den Bau von zwei LNG-Terminals an, um beim Gasbezug unabhängig von Russland zu werden.
Um die Flüssigerdgas-Terminals ohne das übliche zeitraubende Verfahren bauen zu können, verabschiedeten Bundestag und Bundesrat im Mai 2022 das Gesetz zur Beschleunigung des Einsatzes verflüssigten Erdgases – oder LNG-Beschleunigungsgesetz. Neben der Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP stimmte auch die Union zu; Linke und AfD enthielten sich. Kernpunkte des Gesetzes:
- Ausnahmen von der Prüfung der Umweltverträglich möglich
- Beteiligung der Öffentlichkeit auf zwei Wochen verkürzt
- Befristung der LNG-Anlagen bis maximal Ende 2043 (Weiterbetrieb mit grünem Wasserstoff zulässig)
Am 1. Juni 2022 trat das Gesetz in Kraft.
Gut ein halbes Jahr später ging das erste LNG-Terminal (in Wilhelmshaven) in Betrieb. Das LNG-Beschleunigungsgesetz ermöglichte das von Kanzler Scholz so genannte neue „Deutschlandtempo“. Innerhalb von weniger als einem Jahr sank der Gasbezug aus Russland auf 0 Prozent – zuvor war Russland Hauptlieferant.
Die neuen Flüssiggas-Terminals sollen ihren Teil dazu beitragen, dass es auch ohne russisches Gas in Zukunft nicht zur gefürchteten Gasmangellage kommt. Ein Viertel bis ein Drittel der benötigten Gasmenge kann Deutschland per LNG-Terminal einführen. Der Rest kommt durch Pipelines, beispielsweise aus Norwegen oder den Niederlanden.
Wie ein LNG-Terminal funktioniert
Erdgas wird in vielen Fällen auf See gefördert. Normalerweise wird es direkt per Pipeline an die Küste transportiert und dort ebenfalls über Pipelines weitergeleitet. Will man weite Strecken ohne Pipelines überbrücken, muss man auf Transportschiffe zurückgreifen.
In dem Fall wird das Erdgas auf hoher See – nahe der Stelle, wo es gefördert wird – in Flüssiggas umgewandelt (FLNG: Floating Liquefied Natural Gas, schwimmendes Flüssigerdgas). Dazu wird das Erdgas auf Minus 160 Grad gekühlt. Das dann flüssige Erdgas hat laut Uniper nur noch ein Sechshundertstel seines ursprünglichen Volumens. Tanker können es nun platzsparend über weite Strecken transportieren.
In Deutschland angekommen, beispielsweise in Wilhelmshaven, wird das Flüssigerdgas vom Tanker auf ein Schiff gepumpt, das vor der Küste ankert (schwimmendes LNG-Terminal oder FSRU: Floating Storage and Regasification Unit, schwimmende Speicher- und Wiederverdampfungseinheit).
Dieses LNG-Terminalschiff kann das angelieferte Flüssiggas in Gas zurückumwandeln und über eine Leitung an Land pumpen. Das LNG-Terminalschiff fährt also nicht selbst umher, sondern ankert für längere Zeit in Hafennähe und wartet auf ankommende Tankschiffe.
Vor- und Nachteile schwimmender Terminals
Ein LNG-Terminal als FSRU umzusetzen, hat den Vorteil, dass diese Methode recht schnell geht. Es müssen keine aufwendigen Anlagen zur Anlandung und Wiederverdampfung an der Küste gebaut werden. Stattdessen bestellt man ein LNG-Terminalschiff, auf dem sich bereits wichtige Teile der ganzen Technik befinden, und schließt es mit einer Leitung an einfachere Anlagen an Land an.
Allerdings ist dies auch nicht unbegrenzt möglich: Weltweit gibt es aktuell nur 49 LNG-Terminalschiffe, die an verschiedene Länder vermietet sind. Die Mieten belaufen sich auf etwa 75 Millionen Euro pro Schiff und Jahr. LNG-Schiffe lassen sich auch nicht schnell nachbauen, da dies sehr teuer ist.
Deshalb plant Deutschland neben schwimmenden auch einige landgebundene LNG-Terminals, etwa in Stade. Planung und Bau nehmen etwa drei Jahre in Anspruch. Der laufende Betrieb ist dann aber ohne die hohen Mietkosten für ein LNG-Schiff entsprechend günstiger.
Kritik an LNG-Terminals
Kritik an den neuen Flüssigerdgas-Terminals kommt vor allem von Umweltschützern. Diese kritisieren mehrere Aspekte.
Klimaschutz. Deutschland will aus fossilen Energieträgern aussteigen, doch LNG-Terminals zementierten die Nutzung fossilen Erdgases. Einige Umweltschützer, etwa von Greenpeace, sind durchaus einverstanden, LNG-Terminalschiffe vorübergehend anzumieten, um die Energiekrise zu bewältigen. Nicht einverstanden sind viele jedoch damit, landgebundene Terminals zu errichten.
Auch die Tatsache, dass die Terminals ab 2044 nicht mehr für Erdgas genutzt werden dürfen, sondern für grünen Wasserstoff, überzeugt nicht alle Umweltschützer. Die Umrüstung auf Wasserstoff sei zu aufwendig und teuer.
Reinigung der Rohre. Für die Reinigung der Rohre gibt es mehrere Methoden. Kritisiert wird vor allem die Methode, bei der Chlor zum Einsatz kommt. Dieses gelangt nach der Reinigung ins Meerwasser. Die Betreiber entgegnen, dass die Grenzwerte eingehalten würden.
Manche Terminals verwenden eine umweltfreundlichere Methode mit Ultraschall, womit auch Umweltschutzorganisationen einverstanden sind.
Was Du aus dem Artikel mitnehmen kannst
LNG-Terminals ermöglichen die Anlieferung von Erdgas per Schiff statt über Pipelines. Nachdem die Bundesregierung kein Gas mehr aus Russland bezieht, ist flüssiges Erdgas aus anderen Quellen, bspw. den USA, ein teilweiser Ersatz.
Das Flüssigerdgas trägt dazu bei, dass Deutschland bei der Energieversorgung unabhängiger wird und sich die Preise von Gas, aber auch Strom, auf Dauer wieder stabilisieren.
LNG-Terminals gibt es in zwei Ausführungen: schwimmend und an Land. Die schwimmende Variante lässt sich schneller realisieren, indem man ein LNG-Terminalschiff anmietet. Dieses ankert an der Küste und wandelt das mit Tankern angelieferte Flüssigerdgas in den gasförmigen Zustand zurück.
Mehrere dieser sogenannten FSRU (Floating Storage and Regasification Units) hat Deutschland an der Ost- und Nordseeküste bereits umgesetzt bzw. in Planung.
Umweltschützer kritisieren, dass LNG-Terminals die Nutzung fossilen Erdgases festschreiben, außerdem sei der Betrieb der Flüssigerdgas-Terminals eine zusätzliche Belastung für die Umwelt. Befürworter entgegnen, dass der Betrieb mit Erdgas bis zum Jahr 2043 befristet ist und die Grenzwerte bei der Umweltbelastung eingehalten würden.
Häufige Fragen zu LNG-Terminal
Wie viel Erdgas kann Deutschland über LNG-Terminals importieren?
Sind alle Terminals errichtet, kann Deutschland bis zu einem Drittel seines Bedarfs darüber decken.
Woher kommt das angelieferte Erdgas?
Derzeit gibt es vor allem Verträge mit den USA und Katar zur Lieferung von flüssigem Erdgas nach Deutschland.
Warum konnten die LNG-Terminals so schnell errichtet werden?
Das von der Ampel-Koalition und CDU/CSU abgesegnete LNG-Beschleunigungsgesetz ermöglichte dieses Tempo in der aktuellen Energiekrise. Das Gesetz begrenzt Prüfungen von Umweltauflagen und die Beteiligung der Öffentlichkeit deutlich im Vergleich zum üblichen, langwierigen Planungsprozess.
Author: Alan Mitchell
Last Updated: 1699359122
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